© Chris Melzer New York Mai 2010 Zuweilen haben auch in der Geschichte kleine Ursachen eine gewaltige  Wirkung. Den vielleicht folgenschwersten Schuss der Weltgeschichte hat  im Mai 1754 ein junger Offizier, gerade 22 Jahre alt, abgegeben. Der Virgi-  nier traf mit seiner Miliz auf einen französischen Trupp und ein Scharmüt- zel entwickelte sich. Doch der inkriminierte Schuss löste sich, nachdem die Kampfhandlungen eigentlich schon beendet waren. Er tötete den französi- schen Offizier Joseph Coulon de Villiers, Sieur de Jumonville, und löste  den wohl wichtigsten Krieg in der Ge-  schichte der Menschheit aus, den French  and Indian War. In Europa nennt man ihn  den Siebenjährigen Krieg. Dieser, im Gegensatz zum Ersten Welt-  krieg, auf nahezu allen Kontinenten der  Erde ausgefochtene Konflikt war quasi der Nullte Weltkrieg und veränderte die Welt  wie kein anderer Konflikt vor oder nach  ihm. Die Franzosen verloren nicht nur  diesen Krieg, sondern auch ihren Einfluss  in Indien und in Amerika. Fortan sollten  sich ihre kolonialen Bemühungen auf  Afrika konzentrieren. Die Engländer wa-  ren unbestritten eine Weltmacht und soll-  ten es zwei Jahrhunderte bleiben - mit  allen Vorzügen und Nachteilen. Und ein  kleiner deutscher Teilstaat erschien mit  einem Mal auf der Weltbühne und wurde  vom Emporkömmling zum Machtfaktor, der Europa mitbestimmen sollte:  Preußen – auch wenn man damals noch vom Hause Brandenburg sprach. Doch durch den Krieg waren die Finanzen so-  wohl der Franzosen wie auch der Engländer  völlig erschöpft. In Frankreich führte das zu  Wirtschaftsreformen, die jedoch halbherzig  angepackt wurden und die Unzufriedenheit des  Peuple de Paris nicht beseitigen konnte. Diese  Kriegsfolge brach sich schließlich 1789 in der  Französischen Revolution bahn. Auch der Sieger England stand am Rande der  Zahlungsunfähigkeit und musste die Steuern  kräftig erhöhen, wollte er nicht den Staatsban-  krott riskieren. Doch London suchte das heimi-  sche Volk zu schonen und nur die Kolonisten in der Neuen Welt zu bela-  sten – schließlich konnten die mangels Mitbestimmung die Regierung  nicht dafür bestrafen. Doch die „Taxation without Representation“ führte  ebenfalls zu einer Revolution und 1776 zur Loslösung der 13 Kolonien  zwischen St. John River und Chattahoochee River. Und als wäre das noch  nicht genug an Kriegsfolgen, entwickelte sich noch gleich ein politisches  System: Ein föderaler Staatenbund mit einer repräsentativen Demokratie,  zwei Parlamentshäusern, in denen die Staaten einmal nach Zahl und  einmal nach Größe vertre-  ten waren und eine Regie-  rung, in der nicht ein Pre-  mier mit Ministern die Ge-  schäfte führt, sondern ein  einzelner Mann, quasi ein  gewählter Monarch. Ein  Mann, der zugleich Staats-  oberhaupt, Regierungschef  und Oberbefehlshaber aller Streitkräfte ist. Eine Posi-  tion, die mehr Macht verleiht als jede andere in der demokratisch  legitimierten Welt. Oder, wie es einer dieser Amtsträger fast eineinhalb  Jahrhunderte später sagte: A glourious burden.   A Glorious Burden The American Presidency Eine Revolution Mit ihm fing alles an: Dieser junge Offizier gab im Mai 1754 den Schuss ab, der - nicht ganz unmittelbar - zwei Revolutionen auslöste. Drucker, Journalist, Erfinder, Staatsmann, Diplomat und Revolutionär: Benjamin Franklin. Eigentlich heißt es Executive Mansion, aber die Welt kennt es als Weißes Haus.