© Chris Melzer New York Mai 2010 A Glorious Burden The American Presidency 1861 bis 1865     Abraham Lincoln 1809 bis 1865 Er ist ebenso populär wie Washington, schaffte es auf  Geldschein und Münze, gab mit seinem Geburtstag der  Nation einen Feiertag - und war anfangs ausgesprochen  erfolglos. Abraham Lincoln, der Anwalt aus Springfield,  Illinois, bewarb sich für das Staatsparlament - und  scheiterte. Er stellte sich als Senator zur Wahl - und  scheiterte. Er versuchte, Vizepräsidentschaftskandidat zu  werden - und scheiterte. Er wollte nochmals Senator werden - und scheiterte  erneut. Er wollte seine Verlobte heiraten - und scheiterte auch hier. Sie wollte ihn  zwar, er löste aber die Verbindung (Lincoln war manisch depressiv, heiratete das  Mädchen namens Mary Todd später aber schließlich doch). Lincoln war, vielleicht wegen seiner Misserfolge, vielseitig. So  wissen zum Beispiel viele Amerikaner nicht, dass er 1833 eine  Saloonlizenz beantragte und bekam. Oder das sein geliebtes  Haustier ein Schwein war. Es endete übrigens als Frühstücksspeise  der Familie. Lincoln war aber vor seiner Präsidentschaft trotz der  dauernden Misserfolge kein Versager. So konnte er als Anwalt die  damals beträchtliche Summe von 5000 Dollar einstreichen, als er  vor Gericht die Illinois Central Railroad verteidigte. Das war  immerhin ein Fünftel dessen, was er später als präsidiales  Jahresgehalt bekam. Ein Pragmatiker war er sowieso, der seine  Parteifreunde 1856 warnte: "Du kannst einige Leute immer zum  Narren halten und alle Leute manchmal. Aber Du kannst nie alle Leute immer  zum Narren halten." Er wurde schließlich in der neuen Partei der  Republikaner für das Amt des Präsidenten  nominiert- aber nur, weil er der  Kompromisskandidat war, der keinem  wehtat. Und die Wahl gewann er, weil sich  die Demokraten in einen nördlichen und  einen südlichen Flügel zerstritten hatten.  Doch kaum war er gewählt, erklärten die  südlichen Staaten den Austritt aus der  Union. Und für die Union, nicht die  Schwarzen, führte Lincoln dann auch den blutigsten Krieg, den die USA je  erlebten. Die Emancipation Proclamation unterzeichnete er auch nicht aus  Humanismus, sondern um es europäischen Ländern unmöglich zu machen, für  den Süden Partei zu ergreifen. Als er die Urkunde unterschreiben wollte, fiel ihm  der Füller aus der Hand. Er hatte einen Krampf, weil er zuvor auf einem Empfang  drei Stunden lang Hände geschüttelt hatte. Lincoln hat seine Frau Mary Todd geliebt, doch sie war zuweilen eine  erhebliche Belastung. Zum einen war sie krankhaft eifersüchtig und  machte dem Präsidenten der Vereinigten Staaten auch öffentlich  Szenen. Die Frau von Ulysses Grant fuhr sie so an, dass diese mit  dem General nicht mit ins Ford Theater ging - und rettete ihm so das  Leben, denn Booth hatte auch Grant erschießen wollen. Zum zweiten gab Mary Todd mitten im Krieg Unsummen für die  Dekoration des Weißen Hauses und ihre Garderobe aus. Die  "Plünderin der Fifth Avenue" wurde sie in New York genannt. Zum  dritten ließ es die Südstaatlerin - vier ihrer Brüder kämpften für  den Süden, drei fielen - an patriotischem Geist fehlen. Der  Kongress leitete sogar eine Untersuchung gegen die First Lady  wegen Verrats ein, was jedoch von Lincoln abgeschmettert wurde. Lincoln war ein Kriegspräsident. Einen Monat nach seiner  Vereidigung ging der Bügerkrieg los, wenige Tage nach  seinem Ende wurde er als erster US-Präsident bei einem  Attentat getötet. Aber er gewann den Krieg - auch wenn er  dabei einige Bürgerrechte aussetzte und gegen die  Verfassung verstieß. Doch letztlich siegte  Stahl über Baumwolle, der nüchterne,  industrialisierte, bei weitem volkreichere Norden hatte den  längeren Atem als der romantische, rückständige, bald  ausgeblutete Süden. Als er im April 1865 hörte, dass der brillante  Südstaatengeneral Robert E. Lee kapituliert hatte, bat er, ein Lied  anzustimmen: "Dixie", die bis heute inoffizielle Hymne der  Südstaaten. Wenige Tage später ging er mit seiner Frau ins Ford´s Theater  in Washington, um das Stück "The American Cousin" zu sehen.  Dabei schlich der bekannte Schauspieler John Wilkes in die  Loge des Präsidenten und schoss ihm mit einem Derringer von  hinten in den Kopf. Booth wollte auf die Bühne springen, blieb  aber mit den Sporen seiner Reitstiefel an der Fahne an der Loge  hänge und brach sich ein Bein. Dennoch konnte er mit dem Ruf  "Sic semper tyrannis" ("So ergeht es dem Tyrannen") entkommen. Er wurde  später gestellt und von einem Soldaten, entgegen dem ausdrücklichen Befehl,  erschossen. Lincoln wurde in ein Haus gegenüber gebracht, wo er am nächsten  Tag starb. Es war ein Karfreitag. "Jetzt gehört er der Ewigkeit",  sagte Kriegsminister Edwin Stanton. Als Lincoln starb, hatte er  nur ein paar Konföderiertendollar bei sich.  Lincoln und sein Mörder kannten sich - über  Umwegen. Lincolns Sohn Todd war im Krieg von  einem Mann das Leben gerettet worden, der ihn in  Jersey City bei New York zwischen zwei  Eisenbahnwagen auf den Bahnsteig zog. Der Retter  war Edwin Booth, der ältere Bruder des späteren  Attentäters. John Booth selbst war mit der Tochter  des spanischen Botschafters verheiratet und hatte  deshalb als geladener Gast an Lincolns zweiter Amtseinführung gut einen Monat  vor dem Attentat teilgenommen. Als er starb, sagte ein Politiker: "Nach der Zerstörung  der Konföderation war der Tod von Abraham Lincoln  der dunkelste Tag für den Süden". Der das sagte war  sein früherer Feind, Jefferson Davis, ersten und letzter  Präsident der Konföderierten. In 14 Städten wurde sein  Leichnam aufgebahrt, bevor er in einem 75-Dollar-  Sarg beigesetzt wurde. Elfeinhalb Jahre nach seinem  Tod, am 7. November 1876 versuchten zwei Kriminelle, Lincolns Leiche zu stehlen um Lösegeld zu erpressen. Das misslang zwar, aber fortan wurde die Leiche unter  dem 36 Meter hohen Obelisken noch besser geschützt. Von seinen vier Söhnen erreichte nur einer, Robert, das  Erwachsenenalter. Später wurde er Kriegsminister und  Botschafter in London. Seinen letzten öffentlichen  Auftritt hatte er, als er 1922, mit fast 80 Jahren, bei der  Einweihung des Lincoln Memorials in Washington dabei  war. Er war übrigens bei drei der vier tödlichen Attentate  auf US-Präsidenten in unmittelbarer Nähe: Das auf  seinen Vater, das auf Garfield und jenes auf McKinley. Er schwor sich daraufhin, nie wieder in die Nähe eines  Präsidenten zu gehen. Als Kennedy erschossen wurde,  war er schon 37 Jahre tot. Heute gibt es keine Nachfahren Lincolns mehr. Es  dauerte mehr als einhundert Jahre, bis ein Präsident wieder Ford's Theater  besuchte. Es war übrigens Ford. Abraham Lincoln 12. Februar 1809 in Hodgenville, Kentucky nicht benannt Anwalt Illinois 1842 Mary Todd [1818 bis 1882] Robert Todd [1843-1926] Edward Baker [1846-1850]  William Wallace [1850-1862] Thomas “Tad” [1853-71] Republikaner 52 4. März 1861 in Washington 15. April 1865 in Washington [Attentat] zwei 15. April 1865 in Washington Oak Ridge Cemetery, Springfield, Illinois Name: Geboren: Religion: Beruf: Bundesstaat: Ehefrau: Kinder: Partei: Alter bei Eid: Inauguration: Amtsabschied: Amtszeiten: Gestorben: Grab: Wahlkampf hatte er noch ohne Bart gemacht. Doch bis zum Amtseinführung stand der Bart und Lincoln begründete die Phase der bärtigen Präsidenten, die bis auf die Ausnahmen Johnson und McKinley bis zu Taft anhielt. Der Vater hatte nicht viel Zeit für seine Kinder. Sein Sohn Robert war der einzige, der das Erwachsenenalter erlebte. Hier sehen wir Thomas, genannt Tad. Er starb mit 18 Jahren. (Photo aus dem Smithsonian-Museum). Die verlorene Unschuld: Mit Lincoln starb zum ersten Mal ein Präsident von Mörderhand (Photo aus dem Smithsonian Museum). Der Mann hat Fehler gemacht, im Leben wie in der Politik. Daran, dass er ein großer Präsident war, besteht jedoch kein Zweifel (Photo aus dem Smithsonian Museum). Vom Schiff gleich ins Feld? Auch der bevölkerungsreiche Norden suchte Händeringend Soldaten. Die deutschen Einwanderer kamen gerade recht. Die Schalcht von Gettysburg war die Entscheidung, danach hatte der Süden seine Offensivfähigkeit verloren. Heute wird das entsprechend vermarktet. Nein, die berühmte Gettysburg-Rede war nicht spontan gehalten, wie die Legende sagt. Ein großes Werk der Rhetorik war sie dennoch. An einer solchen Fahne blieb John Booth hängen, nachdem er Lincoln gemeuchelt hatte. er brach sich ein Bein, entkam aber trotzdem. Heute ist das Theater ein Museum. In Lincolns Kabinett waren einige große Namen versammelt: Kriegsminister Stanton, Außenminister Seward und Finanzminister Chase zum Beispiel (aus dem Smithsonian Museum). Im Capitol in Washington stehen die Großen - und auch die nicht ganz so großen - der USA in Marmor. Lincoln gehört gewiss zu den am meisten photographierten. Von Lincoln wurden gleich mehrere Totenmasken und auch Handabdrücke gemacht. Diese liegen in der Brown-Universität in Providence, Rhode Island. Photographen gab es 1865 längst, nicht aber in Lincolns Sterbezimmer. Ein Gemälde gibt die trauer wieder. Schon die Kinder lernten, das Lincoln ein Mann der Grenze war: Kinderspielzeug um den Präsidenten (aus dem Smithsonian Museum)