© Chris Melzer New York Mai 2010 A Glorious Burden The American Presidency 1921 bis 1923   Warren Harding 1865 bis 1923 Warren Gamaliel Harding war im gewissen Sinne ein Self Made Man, wie ihn  die Amerikaner schätzen. Irgendwie brachte er als junger Mann 300 Dollar auf  und kaufte damit die Regionalzeitung in Marion, Ohio. Mit viel Geschick und  wenig Rücksicht machte er die Zeitung groß und zog dabei den Zorn von Amos  Kling, einem lokalen Immobilienspekulanten, auf sich. In Marion heiratete er  auch - Florence Kling, die Tochter seines Erzfeindes. Der enterbte nicht nur die  Tochter, sondern sprach auch nie wieder ein Wort mit ihr. Mit seinem  Schwiegersohn natürlich auch nicht. Diese Frau, Florence, war es vermutlich auch, die Harding für  die Politik gewann. Er wurde Senator und schließlich  republikanischer Präsidentschaftskandidat. Der Autor William  Estabrook Chancellor, ebenfalls aus Ohio, behauptete im  Wahlkampf, Hardings Ururgroßvater sei ein Schwarzer von den  Westindischen Inseln gewesen. So ein Vorwurf zog immer noch. Die Partei fragte ihn, ob irgendetwas gegen die Kandidatur  spreche, ob er "Leichen im Keller" habe. Er verneinte - und  dann kam doch die Affaire mit einer verheirateten Frau ans  Licht. Dennoch gewann Harding mit einer "front porch campaign": Im Gegensatz zu  seinem Konkurrenten James M. Cox - der war Gouverneur seines Heimatstaates Ohio und hatte einen Vizepräsidentschaftskandidaten namens Franklin  Roosevelt - zog er nicht durchs Land, sondern ließ von der Partei die Anhänger  zu sich nach Hause bringen. In Marion hielt er dann seine Reden von der  heimischen Veranda - und gewann. Er war der erste Präsident, der mit einem Automobil zur  Amtseinführung fuhr. In seiner Amtszeit wurde ein völlig  neuer Job kreiert: Der Journalist Judson Welliver wurde der  erste Redenschreiber eines Präsidenten. Seine Frau Florence  hatte in Washington ein kleines rotes Büchlein. In das schrieb  sie alle ihre und ihres Mannes Feinde - oder zumindest die, die  sie dafür hielt. Die Dame aus Ohio nahm also Nixons berühmte  Feindesliste vorweg. Harding liebte seine Pokerrunden. Wenn  er mal knapp bei Kasse war, setzte er auch schon mal ein Stück des feinen  chinesischen Porzellans des Weißen Hauses. Sehr beliebt war übrigens Laddie Boy, Hardings Hund. Er apportierte nicht nur  die präsidialen Golfbälle, sondern hatte sogar seinen eigenen Sessel am  Kabinettstisch. Sein Geburtstag wurde jedes Jahr mit  einer Party gefeiert, zu der die Hunde der Nachbarschaft  geladen waren. Bei Hardings Tod heulte er drei Tage  ununterbrochen. Als das Tier 1929 selbst starb, es hatte  sowohl den Präsidenten als auch die First Lady überlebt,  sammelten Zeitungsjungen 19 134 Dollar in Pennys, aus  denen eine Statue des Tieres gemacht wurde. Sie steht  heute im Smithsonian. Harding gehört zu den am wenigsten erfolgreichen Präsidenten der Vereinigten  Staaten. Der "schöne Warren" regierte in den wilden Zwanzigern und auch seine  Amtszeit war von Affairen und umsichgreifender Korruption geprägt. Im  Wahlkampf hatte er "Zurück zur Normalität" versprochen und dabei drei Punkte  gemeint: Isolationismus - nach dem Großen Krieg würden sich die USA nicht  mehr in die Krisen der Welt einschalteten. Zudem eine Beschränkung der  Einwanderung und eine Politik der Nichteinmischung in die Wirtschaft.  Immerhin besuchte er als erster Präsident Alaska. Auf der Rückreise erkrankte  er und starb am 2. August 1923 im Palace-Hotel in San Francisco.  Als er starb, war ein gewisser Walter Ferguson nach  gescheiterten Aktiengeschäften hoffnungslos verschuldet. Es war der Präsident, der unter einem Pseudonym spekuliert hatte.  Zudem war eine Korruptionsaffaire gerade auf ihrem  Höhepunkt. Rasch machten Gerüchte über Selbstmord oder gar  Mord die Runde. Wir aber wissen: Tecumseh hatte sein fünftes  Opfer gefunden. Warren Gamaliel Harding 2. November 1865 in Blooming Grove, Ohio Baptist Lehrer, Versicherungskaufmann, Verleger Ohio 1891 Florence Mabel Kling [1860 bis 1924] keine angeblich ein oder zwei illegitime Republikaner 55 4. März 1921 in Washington 2. August 1923 in San Francisco (durch Tod) eine 2. August 1923 in San Francisco Harding Memorial Tomb, Marion, Ohio Name: Geboren: Religion: Beruf: Bundesstaat: Ehefrau: Kinder: Partei: Alter bei Eid: Inauguration: Amtsabschied: Amtszeiten: Gestorben: Grab: Diese Karikatur ist im Smitsonian zu sehen. Harding war nicht einmal in der Nähe der Normalität. Zum sechsten MAl stirbt ein Präsident im Amt. Dreimal streckten Attentäter den höchsten Mann im Staate nieder, dreimal schlich der Tod selbst ins Weiße Haus. Und dann stirbt auch noch der Hund! Die Trauer um "Laddie Boy" in der Nation war groß. Nach nur gut zwei jahren im Amt starb Harding. Tiefe Spuren hat er nicht hinterlassen (Photo aus dem Smithsonian-Museum). Würdevoll mit Adler und in Öl - ganz so seriös war der Geschäftsmann aus Marion, Ohio, nicht.